Ausgabe 1/2024, Februar

WIdO-Themen

Früherkennungsmonitor 2023: Krebsvorsorge im Aufwind

Nach starken Rückgängen bei der Teilnahme an Krebs-Früherkennungsuntersuchungen während der Corona-Pandemie haben sich die Zahlen in den letzten Monaten wieder weitgehend normalisiert. Das zeigt der aktuelle Früherkennungsmonitor.

Die Teilnahme an der Krebsfrüherken­nung lag im zweiten Halbjahr 2022 bei den meisten Untersuchungen wieder auf dem Niveau des Vergleichszeitraumes 2019, also dem Jahr vor Ausbruch der Co­rona-Pandemie. Auch im ersten Quartal 2023 setzte sich dieser positive Trend fort. Bei einigen Untersuchungen waren sogar deutliche Anstiege zu verzeichnen.

Die Detailergebnisse für das ers­te Quartal 2023 zeigen bei den Kolosko­pien im Rahmen des Darmkrebs-Scree­nings einen Anstieg von knapp 27 Pro­zent gegenüber dem ersten Quartal 2019. Dieser hängt auch damit zusammen, dass Männer die Untersuchung seit 2020 schon ab 50 Jahren in Anspruch nehmen dürfen. Beim Mammographie-Screening zur Brustkrebsvorsorge lag das Ergebnis 7,3 Prozent und bei der Prostatakrebs- Früherkennung 5,6 Prozent über dem Wert des ersten Quartals 2019. Bei der Früh­erkennung von Gebärmutterhalskrebs war noch ein geringfügiger Rückgang von 3,9 Prozent gegenüber dem ersten Quar­tal 2019 zu verzeichnen. Beim Hautkrebs- Screening ist der Rückgang von 12 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr auf die Ausweitung des Untersuchungsintervalls bei der Allgemeinen Gesundheitsuntersu­chung von zwei auf drei Jahre zurückzu­führen. Diese wird oft in Kombination mit dem Hautkrebs-Screening durchgeführt.

Ein Schwerpunkt des Früherkennungs­monitors liegt auf der Darmkrebsvorsor­ge. Die Auswertungen zeigen für die Jahre 2020 bis 2022 im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie deutliche Rückgänge von 4,1 bis 6,0 Prozent bei den ambulanten und stationären Koloskopien, obwohl im selben Zeitraum die Zahl der Früherkennungsko­loskopien um 2,9 bis 5,3 Prozent über dem Niveau von 2019 lag. Weniger als 18 Pro­zent aller Koloskopien werden im Rahmen der Darmkrebsvorsorge durchgeführt.

Trotz der positiven Entwicklung be­steht beim Darmkrebs-Screening noch Steigerungspotenzial. Nur etwa 45 Pro­zent der Anspruchsberechtigten, die 2021 65 Jahre oder älter waren, haben in den vergangenen zehn Jahren eine Koloskopie zur Früherkennung oder Diagnostik in An­spruch genommen. Auch wenn man eine einigermaßen regelmäßige Nutzung des alternativ angebotenen Tests auf verborge­nes Blut im Stuhl einrechnet, erhöht sich die Inanspruchnahmerate nur geringfügig.

Hendrik Dräther, Forschungsbereichsleiter Ambulante Analysen und Versorgung im WIdO

„Trotz Verbesserungen bei der Inanspruchnahme: Insgesamt bleibt bei der Früherkennung von Darmkrebs, aber auch bei den weiteren Früherkennungsuntersuchungen in der gesetzlichen Krankenversicherung noch viel Luft nach oben.“

Hendrik Dräther, Forschungsbereichsleiter Ambulante Analysen und Versorgung im WIdO

Heilmittelbericht 2023/2024: Heilmittel unterstützen Pflege

Die Versorgung von Pflegebedürftigen mit Heilmitteln wie Physio- oder Ergotherapie analysiert der Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).


Rund 802.000 Heilmittelpatienten ab 65 Jahre waren im Jahr 2022 Pflegebedürftige. Das entspricht 42,8 Prozent der Patienten
dieser Altersgruppe. Heilmitteltherapien werden zum Beispiel verordnet, um den aktuellen Stand der Pflegebedürftigkeit zu erhalten. Von den Verordnungen für über 65-jährige AOK-Versicherte entfielen knapp 55 Prozent auf Pflegebedürftige.

Rund 780.200 pflegebedürftige AOK-Versicherte ab 65 Jahre litten 2022 unter Diabetes mellitus. Um Komplikationen wie das diabetische Fußsyndrom zu vermeiden, wurden 22,9 Prozent von ihnen mit podologischer Therapie versorgt. Rund 37,8 Millionen Heilmitteltherapien wurden 2022 zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgerechnet, davon 13,2 Millionen für AOK-Versicherte. Das WIdO hat diese Verordnungen für den Heilmittelbericht 2023/2024 ausgewertet. Er bietet einen Überblick über die GKV-Verordnungen und stellt die alters-, geschlechts- und diagnosespezifische Versorgung der AOK-Versicherten – unter anderem mit vielen Abbildungen und Tabellen – dar. Er lässt sich im Internet kostenlos downloaden.

Gesundheitsatlas: Rückenschmerzen im Fokus

26,2 Millionen Menschen haben in Deutschland 2021 wegen Rückenschmerzen einen Arzt aufgesucht. Dies ist fast ein Drittel der Bevölkerung.

Der aktuelle Gesundheitsatlas des WIdO zum Thema Rückenschmerzen beleuch­tet Unterschiede nach Alter, Geschlecht und Regionen sowie Zusammenhänge mit Risikofaktoren. Der Anteil der von Rückenschmerzen Betroffenen steigt mit dem Alter an: Bei den über 75-Jährigen ist es mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland. Frauen weisen in allen Altersklassen höhere Prävalenzen auf als Männer. Auch rund zehn Prozent der Ju­gendlichen zwischen 15 und 19 Jahren ha­ben wegen Rückenschmerzen einen Arzt aufgesucht. Regionale Unterschiede – mit niedrigen Prävalenzen in Bremen (27,66 Prozent) und hohen in Thüringen (36,11 Prozent) – weisen auf Präventions­potenzial hin.  

Der Gesundheitsatlas „Rücken­schmerzen“ enthält Hintergrundinfor­mationen zu Ursachen, Risikofaktoren, Folgen und Präventionsmöglichkeiten. Zusammenhänge mit psychosozialen Faktoren oder sozialer Benachteiligung werden in ökologischen Studien unter­sucht. Rückenschmerzen sind einer der häufigsten Gründe für Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Regelmäßige körperliche Aktivität und geeignete Maßnahmen am Arbeitsplatz können die Rückengesund­heit positiv beeinflussen. Alle empiri­schen Ergebnisse finden sich interaktiv nutzbar auf der entsprechenden Webseite im Bereich Muskel-Skelett.

 

Die WIdO-Themen zum Herunterladen

Analysen – Schwerpunkt: Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen

Strategien für mehr Nachhaltigkeit in Gesundheitsbauten

Tom Guthknecht

Funktionale und ökonomische Nachhaltigkeit von Gesundheitsbauten sind nicht selbstverständlich. Oft ist auch der ökologische Fußabdruck unzureichend. Diese unbefriedigende Situation ist jedoch nicht einfach das Ergebnis schlechter Planung. Die Analyse weist auf die verschiedenen Einflussfaktoren für die oft negative Nachhaltigkeitsbilanz von Gesundheitsbauten hin und zeigt Strategien auf, wie eine integrale und übergreifend konsistente Planung eine nachhaltige und langfristige Nutzung von Gesundheitsbauten ermöglichen kann.

Nachhaltigkeit und Müll im Gesundheitswesen

Matthias Fischer

Abfall im Gesundheitswesen mag zunächst als dröges Thema erscheinen. Durch effektive Abfallmanagementstrategien kann aber nicht nur Abfall reduziert, sondern effektiv CO2 gespart werden. So wird Abfall zu einem zentralen Nachhaltigkeitsthema auch im Gesundheitswesen. In diesem Beitrag werden die regulatorischen Hintergründe zum Abfallmanagement aufgeführt und unterstützende Publikationen kurz dargelegt. Datenmaterial bietet einen Überblick über die im Gesundheitswesen anfallenden Abfallarten. Zudem werden Lösungsansätze zum Umgang mit dem Abfallaufkommen sowohl konzeptionell als auch auf Basis von Umfragedaten präsentiert. Deutlich wird, dass bis zu einem als Kreislaufwirtschaft funktionierenden Gesundheitswesen noch ein Stück Weg zurückzulegen sein wird.